"Die Seiten der Welt" (Kai Meyer)


Was bedeutet diese Wertung?

Für diese Rezension habe ich mir absichtlich etwas mehr Zeit gelassen, damit ich diesem Roman auch wirklich gerecht werden kann. Nachdem ich nicht nur eine Leseprobe verschlungen habe, sondern sogar eine Lesung des Autors selbst besuchte, stand bereits fest, dass ich dieses Buch unbedingt haben muss. Trotz allem mischte sich etwas Skepsis mit in die Vorfreude, da die Idee eines Buches über Bücher mir nicht neu vorkam, sondern die Befürchtung weckte, dass sich allzu viele Ähnlichkeiten mit einem Buch ergeben könnten, das ich schon kannte - nämlich "Die Stadt der Träumenden Bücher" von Walther Moers - welches ich im Übrigen wärmstens empfehlen kann. 

Zwischen den beiden Büchern gibt es gewisse Parallelen und Berührungspunkte, die aber glücklicherweise dann doch nicht dazu führten, dass Ideen doppelt verarbeitet wurden. Diese Zweifel wurden also auch recht schnell zerstreut. "Die Seiten der Welt" ist ein Sammelsurium von innovativen und sehr außergewöhnlichen Ideen, die mich häufig zum Schmunzeln gebracht und immer wieder überrascht haben. Die Geschichte dreht sich rund um das Mädchen mit den schwergängigen Namen Furia Salamandra Faerfax, bei dem man direkt eine Augenbraue hebt. Im Verlauf des Romans wird aber klar, dass Furia so heißt, weil ihre Eltern, beide Buchliebhaber, diesen Namen aus dem Lieblingsroman der Mutter übernommen haben, und er deshalb eine besondere Bedeutung hat. Zum Zeitpunkt, an dem das Buch spielt, gibt es allerdings nur noch Furias Vater und den kleinen Bruder Pip, beides sehr außergewöhnliche Gestalten. Der Vater ist ein Bibliomant, ein Magier, der seine Kraft aus einem besonderen Buch, seinem Seelenbuch, bezieht. Seine Tochter Furia zeigt die gleichen Tendenzen, ist aber noch nicht im Besitz ihres Seelenbuches und kann ihre magische Kraft also noch nicht kanalisieren und in vollem Umfang nutzen. Der Bruder ist an sich ein normaler, kleiner Junge, der panische Angst vor Clowns hat und, um sich vor ihnen zu tarnen, permanent mit einem aufgeschminkten Clownsgesicht herumläuft. Die Konstellation ist schon wirklich kurios, und auch im Anwesen der Faerfax gehen sehr merkwürdige Dinge vor sich, von denen ich allerdings nicht allzu viel verraten möchte. Das würde viel vom Zauber nehmen, der den gesamten Roman umgibt, und ihn wirklich einzigartig macht. Furia verschlägt es im Verlauf der Handlung in die geheime Stadt "Libropolis", die, wie der Name schon verrät, eine Stadt der Bücher und nur von ausgewählten Personen zu betreten ist. Hier trifft sie auf verschiedenste Personen, die ihr nur in Ausnahmefällen wohlgesonnen sind, viele sind zu Beginn undurchsichtig, und man traut sich gar nicht wirklich, Sympathien zu entwickeln, weil man jederzeit erwartet, dass einer der Charaktere plötzlich umschwenkt und eine ganz andere Seite von sich zeigt. 

Auffällig ist, dass Kai Meyer seine Charaktere (die nicht immer Menschen sind) äußerst liebevoll und tiefgehend gestaltet hat. Jeder ist absolut einzigartig, jeder hat seine eigene, individuelle Geschichte, die nach und nach erzählt wird, und in sich schlüssig ist. Die Handlungen der Charaktere sind aufgrund der Vorgeschichten auch nachvollziehbar, nichts wirkt konstruiert oder kantig. Auch der Lesefluss und der Spannungsbogen bleiben bis zum Ende erhalten. Es gab keine Textstelle, die langatmig oder überflüssig gewesen wäre. Diesen Umstand schreibe ich der reichhaltigen Erfahrung des Autors zu, der ja schon über 50 Bücher veröffentlicht hat und hoffentlich so bald nicht damit aufhören wird. "Die Seiten der Welt" stellt in meinen Augen in der Bibliografie von Kai Meyer nochmal einen besonderen Meilenstein dar. Dieses Buch ist in seiner Gesamtheit einfach so grandios, sowohl in der Aufmachung und Gestaltung wie auch der Gliederung und dem Inhalt, dass ich eigentlich keinen Punkt zum Kritisieren finde. Ich sehe mich gezwungen, volle 7 Chakren und eine ausdrückliche Leseempfehlung zu vergeben. Glückwunsch, Herr Meyer.

[zhu]

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Kommentare

  1. Einzigartig klingt gut, spezielle Charakter auch. Ich kenne keine der beiden genannte Bücher bisher. Vielleicht schnupper ich mal rein. Danke & Liebe Grüße Kim

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