"Alligatoren" (Deb Spera)


Was bedeutet diese Wertung?

Von Alligatoren, Frauen und anderen Raubtieren

Heute unternehmen wir mal einen kleinen Ausflug ins Tierreich - genauer gesagt ins Reich der Reptilien. Alligatoren, und insbesondere die Weibchen dieser Art, sind große, kräftige, durchsetzungsfähige Tiere, die sich durchbeißen, Gefahren trotzen und ihren Nachwuchs mit zum Teil heftiger Aggression bis auf's Blut verteidigen. Zu den Charakteren im Roman "Alligatoren", insbesondere zu den drei Protagonistinnen, lassen sich hier starke Parallelen ziehen.

Der Roman ist in der ausgehenden Kolonialzeit in den amerikanische Südstaaten verortert. Die Sklaverei ist offiziell zwar abgeschafft, die Rassentrennung ist allerdings immernoch  in der Gesellschaft stark verankert und wird nach wie vor gelebt - und zwar von der einen wie auch von der anderen Seite. Es ist normal sich abzuschotten. Geschlechterspezifische Rollen sind absolut traditionell vergeben, der christliche Glaube gilt als normal. Mitten in diesem sehr biederen Szenario entwickeln sich drei ganz besondere Frauen, die, oft auch unabsichtlich, genau diesen traditionellen Gesellschaftsformen trotzen und sich von der grauen Masse abheben.

Gertrude (auch Gert oder Gertie) lebt außerhalb der Stadt Branchville im Sumpf in einer kleinen Hütte. Sie hat vier Töchter, einen gewalttätigen Alkoholiker zum Ehemann und ein Versorgungsproblem, denn der Mann hat das ganze Geld der Familie bereits in Alkohol investiert, und die Kinder drohen zu verhungern. Direkt zu Beginn des Buches werden wir Zeuge einer Szene, in der Gertrude einem Alligatorenweibchen mit einer Schrotflinte auflauert. Das Nest des Tieres ist prall gefüllt mit Eiern, das Fleisch des Alligators und die Eier im Nest könnten die Familie für Wochen mit Nahrung versorgen. Beide beobachten sich gegenseitig und warten. Als Gertrude inmitten dieses nervenzehrenden Wartens dann die Schritte ihres betrunkenen Mannes vernimmt, entschließt sie sich, ihr Leben zu ändern und nicht auf das Alligatorweibchen zu schießen. Sie verlässt mit ihren Töchtern das Haus im Sumpf und geht nach Branchville.

Retta (eigentlich Oretta) ist eine ehemalige Sklavin, die seit ihrer Geburt bei Plantagenbesitzern lebt und dort arbeitet. Eine Unfreie ist sie mittlerweile nicht mehr, sie lebt mit ihrem Ehemann in einem eigenen Haus im Schwarzenviertel von Branchville, arbeitet aber noch bei ihren damaligen Herren als Köchin. Retta ist mittlerweile eine alte Frau geworden, doch als plötzlich Gertrude vor ihr steht und sie bittet, ihre halbverhungerte und wurmbefallene Tochter Mary zu pflegen, nimmt sie diese Aufgabe an. Sowohl von Schwarzen wie auch von Weißen wird Retta nun merkwürdig angesehen und neugierig beäugt, weil sie als schwarze Frau ein weißes Kind pflegt.

Annie ist die Ehefrau eines Plantagenbesitzers und hat in ihrem Leben auch schon viel Leid erfahren. Zwar war sie finanziell immer abgesichert, doch hat ein schwerer Schicksalsschlag ihr Leben vollkommen durcheinander gebracht. Mit nur 12 Jahren hat sich ihr kleiner Sohn Buck das Leben genommen, die Beziehung zu ihren beiden Töchtern wurde durch dieses Ereignis völlig zerrüttet. Annie kennt die Gründe für den Selbstmord ihres Sohnes nicht, wird sie aber im Verlauf der Handlung erfahren. Die alte Köchin Retta ist bei ihr im Haus angestellt.

Deb Spera verknüpft diese drei Frauenschicksale innerhalb ihrer Geschichte unglaublich gut miteinander, alle Charaktere haben Tiefe und sind im historischen Setting der Kolonialzeit und in die Rahmenhandlung des kleinen Städtchens so gut eingebunden, dass man sich fühlt, als wäre man mittendrin. Der Roman ist fesselnd und eindeutig eines dieser Bücher, das man schnell durchliest und sich am Ende darüber ärgert, dass es schon zuende ist. Ich habe es innerhalb kürzester Zeit verschlungen und möchte es jetzt sehr gern weiter empfehlen. Vielen Dank auch an die Plattform Vorablesen, die uns immer wieder mit überraschend guten Rezensionsexemplaren versorgt.

[zhu]


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Kommentare

  1. Das hört sich ja sehr spannend an. Die drei Charaktere hören sich sehr vielversprechend an. Umso besser wenn das ganze authentisch gehalten ist und man in die Geschichte hineingezogen wird.
    Liebe Grüße,
    Tama <3

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  2. Also der Titel macht total neugierig und auch deine Rezension hat mir das Buch schmackhaft gemacht! Ich mag es, wenn mehrere Handlungsstränge in einem Buch erzählt werden und dieses könnte meinen Geschmack durchaus treffen! Danke für die Empfehlung .

    Liebe Grüße Kay
    www.twistheadcats.com

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  3. ich finde es ganz wunderbar, wenn in einem Buch die Charaktere so reich ausgeprägt und beschrieben sind! stelle es mir sehr schön zu lesen vor :)
    muss ich mir mal vormerken! danke für den Tipp!

    liebste Grüße auch,
    ❤ Tina von liebewasist.com

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  4. Das Buch klingt sehr interessant. Kommt auf jeden Fall auf meine Buchliste für den Herbst/Winter!

    Liebe Grüße,
    Jessy von Kleidermaedchen

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  5. Das hört sich ja klasse an! Suche eh noch ein Buch für den Urlaub :)

    Liebe Grüße,
    Yvonne von willascherrybomb.de

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  6. Das hört sich echt spannend an! Auch wenn ich nicht so der Fan bin von so vielen Frauencharakteren in Büchern - mit der Kolonialzeit hat man mich auf jeden Fall schon mal ;-)
    LG, Daniela (www.wildeswidderchen.de)

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  7. Ui, mal was ganz anderes und leider so gar nicht meins :) Aber trotzdem danke für deine liebevoll geschriebene Rezension. So konnte ich wenigstens Mal reinschnuppern :)

    Liebste Grüße,
    Sarah von www.vintage-diary.com

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  8. Das klingt ja nach einem richtig spannenden Buch. Das muss ich sofort auf meine Liste schreiben. Vielen Dank für die schöne Vorstellung.

    LG Jasmin

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  9. Liebe Eva,
    Dein Blogtitel "Von Alligatoren, Frauen und anderen Raubtieren" ist viel besser gewählt als der Buchtitel, denn der macht mich sofort neugierig!
    Alles Liebe
    Annette

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    1. Vielen Dank für das liebe Kompliment, ich freue mich sehr.

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