"Solange wir uns haben" (Andrea Ulmer)

Solange wir uns haben - Eine Spätsommerlektüre mit Schlangenbiss


Vor Kurzem habe ich auf Vorablesen ein wirklich interessantes Buch entdeckt. Die Leseprobe zu "Solange wir uns haben" hat mich von Anfang an begeistert, worauf ich mich für ein Exemplar hin beworben und glücklicherweise auch gewonnen habe. Vorweggenommen, ich bin von dem Buch, als ich es zu Ende gelesen hatte, auch in keinster Weise enttäuscht worden. Das lag zum einen daran, dass ich mich mit der Protagonistin ein wenig identifizieren konnte und zum anderen dass ich mal wieder so richtig Lust hatte einen leichten Roman zum diesjährigen Sommerabschluss zu lesen. 


Darum geht's 

Jessica (42) ist eine alleinerziehende Mutter die tagtäglich zwischen zeitfressenden Job in der Werbebranche und ihrer trotzigen Teenangertochter einen regelrechten  Spagat hinlegt. Es ist aber auch wahrlich kein lockeres Leben. Ihr Mann ließ sich nach einem Burnout scheiden und haute nach Brasilien ab, das Haus ist noch nicht abbezahlt, die Arbeit nimmt sie die meiste Zeit des Tages in Anspruch, ihr Chef nervt, in der Firma gibt es Intrigen, die Kunden fordern mehr als Jessica leisten kann und dann ist da auch noch die Teenietochter Miriam. Freunde? Fehl am Platz. Sowas brauchte man in Jessicas Augen nicht. Dafür hatte sie sowieso keine Zeit. Es wahr abzusehen dass sie dem Druck und Stress nicht lange standhalten konnte und sie entwickelte aus dem Nichts eine Angst- und Panikstörung. 

Ich selbst kann aus eigener Erfahrung bestätigen das sowas von heute auf morgen dein ganzes Leben verändert und die Krankheit dich aus heiterem Himmel trifft. Auto fahren ist nicht mehr drin und ständig diese Angst, die dich lähmt und handlungsunfähig macht. Im schlimmsten Fall, stehst du irgendwann vor deiner eigenen Wohnungstür und traust dich nicht raus zu gehen. Verständnis von Anderen kann man nicht erwarten (Reiß dich mal zusammen, stell dich nicht so an, du musst doch keine Angst haben etc.), es sei denn sie haben soetwas selbst erlebt. Nicht zuletzt muss man sich aber zu allererst selbst eingestehen, dass man eine Gehirngrippe hat und dann auch bereit sein Hilfe anzunehmen. 

So erging es auch der Protagonistin aus dem Roman, die sich aus lauter Trotz, Schubladendenken und Pflichtbewusstsein nicht eingestehen wollte, das allein Tabletten das Problem nicht lösen können. Hilfe bekommt Jessica aus ihrem unmittelbarem Umfeld. Doch kann sie die annehmen? Als dann auch noch ihre Tochter abhaut, wird sie wohl einiges neu fokussieren  müssen um ihre Tochter zurück zu holen. 

Meinung

Auch wenn es in dem Buch nicht zu detailliert in die psychische Erkrankung geht, es ist ja auch kein Ratgeber, so bekommt man als Leser dennoch eine sehr gute Vorstellung von dem was zig Menschen tagtäglich durchmachen müssen. Jessicas Erkrankung steht nicht ausschließlich im Vordergrund, im späteren Verlauf wird sie sogar ein wenig zur Nebensache, aber das tut der Handlung keinen Abbruch. Die Entwicklung ihres Umfeldes, die neue Freundschaft zu ihrer Nachbarin und all das was sie noch erleben wird, ist so wunderbar locker und von Herzen geschrieben, dass man dieses Buch nicht mehr aus den Händen legen mag. Zumindest erging es mir so. Ich las den Roman beinahe an einem Tag durch. 

Der Schreibstil ist flüssig und leicht, wirkt aber keineswegs plump oder unüberlegt. Viel eher sanft, gar gutmütig, jugendlich und mit Herz. Hin und wieder tauchen hinter Jessicas Aussagen, ihre oft sarkastischen, Gedanken auf, die in Klammern gesetzt wurden. Mich ließ das schmunzeln, denn meistens dachte ich in jenem Moment das gleiche. (Ernsthaft jetzt?) Die Autorin schaffte es hier einen kleinen Bezug mit Augenzwinkern, zu ihrem Leser aufzubauen. Ich habe überlegt, ob es sich wirklich so zugetragen haben könnte, was Jessica im Verlauf der Geschichte so alles erlebt und bin zu dem Entschluss gekommen - warum nicht? Nichts in diesem Buch wirkt an den Haaren herbei gezogen, nichts erfunden oder ausgedacht. Gut, vielleicht dass die Nachbarin mit 30 Katzen in einem Haus lebt, wie es der Klappentext suggeriert. 

Einen Spannungsbogen kann man nicht erwarten, vielleicht auf den letzten 30 Seiten des Buches. Jedoch einen Unterhaltungsbogen und der ist von Anfang an, meiner persönlichen Meinung nach vorhanden. Was mir als Leser ebenfalls wichtig ist und wenn nicht sogar unabdingbar, man muss eine Bindung zu den Figuren aufbauen können. Sympathie, Abneigung etc. Ich mag Jessica und ich mag auch Hildegard - die Verrückte. Thomas, ihren Exmann - ich möchte ihm einfach nur viel Erfolg für sein weiteres Vorhaben auf dem Weg der Erleuchtung wünschen, mehr hab ich für ihn nicht übrig. Er ging mir stellenweise auch ziemlich auf die Nerven. Leser des Buches werden mir eventuell zustimmen. Aber ich will nicht soviel vorwegnehmen. 

Alles in allem also ein Buch welches ich sehr gern gelesen habe und auch genauso gern weiterempfehle. Wenn man sich literarisch einfach treiben lassen möchte, ist man mit "Solange wir uns haben" bestens versorgt. 

Kurz noch was zur Covergestaltung. Ich bin froh, dass ich mir die Leseprobe durchgelesen habe, denn das Cover sprach mich nicht sehr an. Es hat absolut keinerlei Bezug zur Geschichte und wirkt eher von einem Praktikanten erstellt als von einem Verlag, der sich wirklich etwas dabei dachte was er tut. Denken sollte. Wirklich, ich dachte es geht in diesem Buch um eine kitschige Liebesgeschichte. Dafür kann die Autorin nichts, und ich hoffe das viele andere Leser dem blau bunten Buch eine Chance geben, es umdrehen und sich zumindest den Klappentext durchlesen.

[seven]


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Kommentare

  1. Das Cover passt irgendwie wirklich nicht zur Geschichte, das sieht mehr nach einer luftig-leichten Lektüre aus, was es ja aber absolut nicht ist. Das Buch klingt aber sehr interessant, vielen Dank fürs Vorstellen :)

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  2. Das Cover gefällt mir total, auch wenn es irgendwie nicht so ganz zum Inhalt des Buches passt. Ich lese lieber Krimis, muss ich gestehen. Deswegen sagt mir das Buch jetzt nicht so zu. Aber danke für die Vorstellung :)

    Liebste Grüße,
    Sarah von www.vintage-diary.com

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  3. Das stimmt - vom Cover her hätte ich mir auch nicht so eine "heftige" Geschichte erwartet, das sieht eher nach "locker-leicht" aus :)
    Ich lese generell lieber spannende & blutrünstige Thriller und eher weniger Romane, in denen es um so Tiefgründiges geht...

    Alles Liebe, Katii - Süchtig nach...

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  4. da kann ich dir auch nur Recht geben, dass das Cover irgendwie so gar nicht mit dem Inhalt zu tun zu haben scheint! es wirkt so sorglos und entspannt - ganz im Gegensatz zu dieser doch zeimlich krassen Story!

    sicherlich sehr interessant in die Gefühlswelt der Protagonistin hineinzuschauen!

    liebste Grüße auch,
    ❤ Tina von liebewasist.com

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