"Am Meer ist es wärmer" (Hiromi Kawakami)

 

Am Meer ist es wärmer - Hiromi Kawakami 

Darum geht es...

Kei lebt zusammen mit ihrer Tochter Momo und ihrer Mutter in einem schlichten Häuschen in Tokio. Vor rund 13 Jahren verließ Keis Mann Rei die Familie und verschwand spurlos. Momo, die Tochter der Beiden, war zu dem Zeitpunkt 3 Jahre alt. Seit dem Tag, als Rei verschwand, lebt Kei im Ungewissen, was mit ihm geschehen ist, wohin er ging, warum er ging und lebt er überhaupt noch. Sie kann damit nie wirklich abschließen. Sie liebt ihren Mann auch nach all den Jahren des Verschwindens noch immer. Phantomliebesschmerzen, trifft es am Besten. Selbst die unkomplizierte Beziehung mit einem verheirateten Mann, kann sie Rei nicht vergessen lassen. Das Verschwinden ihres Mannes nagt Tag für Tag an ihr, mal mehr, mal weniger. Auch seine Tagebücher, in denen meist nur Belangloses drin steht, liest sie über die Jahre hinweg wieder und wieder, um nach einem Anhaltspunkt zu suchen. 

Der Name eines Ortes am Meer drängt sich ihr förmlich auf. Ebenfalls eine Uhrzeit, die notiert wurde. Kei macht sich auf den Weg nach Manazuru. Begleitet wird sie von einer ihr unbekannten Frau. Doch diese Frau scheint nicht real und gleicht eher einer Erscheinung. Doch je öfter Kei nach Manazuru fährt, nimmt die Gestalt der Frau mehr und mehr Kontur an. Mit ihr zusammen begibt sie sich auf die Suche nach der Wahrheit und verlässt ab und an die Wirklichkeit im Taumel von Raum und Zeit.

Fazit

Ein Liebesroman, der ganz wunderbar ohne den unnötigen Kitsch auskommt. "Am Meer ist es wärmer" ist ein zum Teil sehr surrealer Roman, an welchem stets ein Hauch von Melancholie haftet. Müsste ich ihn mit nur einem Wort beschreiben, so würde ich mich für - Stille - entscheiden. Dieser Roman ist ein wahrer Ruhepol. Der Leser erfährt detailliert den innersten Kern mit all seinen Gedanken, Ängsten und Emotionen der Protagonistin Kei. Dennoch bleibt die Autorin in ihrem Schreibstil sehr distanziert, um die Würde ihrer Figur nicht zu verletzen. Ganz der Kultur der Japaner entsprechend. Wahnsinn, so etwas hatte ich noch nicht gelesen, und darum bin ich auch ganz hin und weg von diesem Werk.

Kei ist in meinen Augen eine bemerkenswerte und starke Frau mittleren Alters, die aus ihrer einstigen Resignation neue Kraft schöpft und beherzt ihrem inneren Instinkt folgt. Der Roman wurde in der Ich-Perspektive geschrieben. Nicht selten passiert es, dass die Erzählung von Kei aus der Gegenwart in die Vergangenheit umschwenkt, da sie sich an „alte Zeiten“ erinnert und dort nach einem Hinweis sucht. Besonders gut gefallen hat mir das Transzendente, Magische, die Thematisierung von mehreren Wirklichkeitsebenen. Die Frau, die Kei begleitet, anfangs noch ein Schatten, nimmt immer mehr Kontur und Gestalt an. Die Frage bleibt, hat Kei sich diese Frau nur eingebildet? 

Trotz der Erkenntnisse und Offenbarungen die die Protagonistin hat, bleibt der Erzählfluss stets ruhig. Es dreht sich in der Geschichte nicht ausschließlich um Kei. Keis Mutter und Tochter haben in dem Buch ihre eigenen Rollen bekommen, so dass man als Leser ebenfalls eine Menge über sie erfährt und zum Beispiel Momo aufwachsen sieht. Es sind viele einzelne Abschnitte, die erzählt werden, aus dem Leben von Kei, ihrer Mutter, Tochter, ihrem Ehemann etc., die perfekt aneinandergereiht ein Gesamtbild ergeben. Anfangs hatte ich ein wenig Mühe, der Geschichte zu folgen, sie zu verstehen, oder vielmehr den Schreibstil zu verstehen. Ich fand mich nur schwer hinein und hatte bisweilen das Gefühl, nicht mehr zu wissen, was ist jetzt Gegenwart, was Vergangenheit und was passiert überhaupt im Moment. Das legte sich nach und nach, je mehr ich in die Tiefen dieses Romans abtauchte. Es war der erste Roman einer japanischen Schriftstellerin, den ich gelesen habe, aber ganz sicher nicht mein Letzter.

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